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Street Wear — Die Illusion von Schutz
Leonie Adam

Ich laufe Samstag abends zu einer Hausparty. Ich trage ein durchsichtiges, enges Top und einen Minirock. Mein Gesicht ist geschminkt und auf meinen Kopfhörern läuft “Ich liebe das Leben” von Vicky Leandros.

Ich laufe abends von der Arbeit nach Hause. Ich trage einen Pullover, der zwei Nummern zu groß ist und eine schwarze Jogginghose. Die Kapuze ziehe ich über meinen Kopf und auf meinen Kopfhörern läuft keine Musik.

Die Gemeinsamkeit der beiden Situationen sind die Blicke, die ich auf meinem Körper spüre. "Street Wear" verkörpert für mich die Wut, die ich spüre, wenn ich merke, dass meine lebenslange Arbeit, als Frau in der Öffentlichkeit so unsichtbar wie möglich zu sein, umsonst ist. Egal wie ich mich kleide, das Gefühl von Sicherheit bleibt eine Illusion.

Über 200 Nägel aus dem Lagerfeuer der Völklinger Handwerksgasse habe ich einzeln an das ehemals weiße Unterwäsche Set genäht. Je mehr ich den Stoff bearbeitet habe, verfärbte sich dieser mit dem Rost und seiner Reaktion auf das Fett und den Schweiß meiner Hände. Die Spuren meiner Arbeit, mich zu verteidigen, wehrhaft zu sein, zeichnen sich auf dem Stoff ab.

Schau mich nicht an. Fass mich nicht an. Ich lerne zu schießen.